=for timestamp Do Okt 6 17:27:00 CEST 2005 =head1 Sonstiges =head2 Rhetorische Stilmittel (Dieser Text ist, anders als der Rest von klasse12.tk, I © Ingo Blechschmidt und lizensiert unter den Richtlinen der GNU General Public License, sondern © Philipp Heinrich (keine Lizenz). Veränderung ohne Rücksprache nicht erlaubt.) Gestaltungsmittel können einen Gedanken auf ganz unterschiedliche Art und Weise veranschaulichen, z.B. durch einen sprachlichen Stellvertreter oder einen (in)direkten Vergleich. Oder aber sie decken auf, indem sie verhüllen, bzw. sie verhüllen etwas, um es aufzudecken. Zudem kann der Sinn eines Satzes durch seine Struktur festgelegt werden. Das bedeutet für den Leser, dass er wachsam sein muss, um nicht "reinzufallen". Er muss "hinter die Kulissen" schauen: Bei "Bildern" ist das noch relativ einfach: Sie regen die Vorstellungskraft an, machen das Gemeinte anschaulich, sodass man es mit dem geistigen Auge "sehen" kann. Werden Wörter jedoch nicht im reinen Wortsinn gebraucht, so reicht zum Verstehen die Kenntnis ihrer lexikalischen Bedeutung nicht mehr aus, sondern man muss hinter die "Wortmaske" schauen und die gemeinte Bedeutung enthüllen. Solcher nicht wörtlich gemeinte Sprachgebrauch wird auch uneigentliche Redeweise genannt. Da sie die Wortwahl betrifft, bezeichnet man sie in der Rhetorik auch als "Wortfiguren". Außer der wörtlichen und der bildhaften Ausdrucksweise gibt es auch noch andere Möglichketien des Wortgebrauchs: Man meint (dem Sinn nach) etwas anderes, als man "im wörtlichen Sinne" sagt. Warum? Dies gibt Gelegenheit, etwas indirekt hervorzuheben, was beim normalen (direkten) Ausdruck leicht unbemerkt bliebe oder zu krass ausfiele. Diese Form der uneigentlichen Redeweise zielt vor allem auf die psychologische Wirkung der Formulierung ab. Dies ist reizvoll und gefährlich zugleich; denn die uneigentliche Redeweise ist nicht eindeutig. Der Reiz des deutenden Verstehens liegt in der aktiven Eigenleistung des Lesers. Damit wir jedoch nichts "hineinlesen", müssen wir die Ergebnisse am Text überprüfen. Letztendlich gilt in jedem Falle: Bei einer Untersuchung der sprachlich-stilistischen Mittel genügt es nicht, diese einfach aufzuzählen. Da von "Mitteln" die Rede ist, muss vielmehr der Zweck, von dem her sie ihre Bestimmung erhalten, erläutert werden. Dies kann nicht schematisch erfolgen. Die Angaben zur Funktion können daher nur Hinweise sein. Figur: =over =item W Wort =item St Stil =item G Gedanke =item S Satz(bau) =item Kl Klang =back Funktion: =over =item e eindringlich =item a anschaulich =item ä ästhetisch(-anschaulich) =item s spannend =item k kommunikativ =item u unterhaltend =back =for latex \begin{tiny} =table Bezeichung | English | Erklärung | Figur | Bezeichung | Beispiel | Funktion =row Adhortatio | appeal | Aufforderung | G | Adhortatio | | k =row Akkumulation | accumulation | mehrere Unterbegriffe statt des zusammenfassenden Oberbegriffs | W | Akkumulation | Nun ruhen alle Wälder, Vieh, Menschen, Städte und Felder | e =row Allegorie | | systematisierte Metapher, bildhaft belebte Darstellung eines abstrakten Begriffs oder Gedankens | St, G | Allegorie | Justitia - Gerechtigkeit; Fortuna-Glück | a, ä =row Alliteration | alliteration | Stabreim: gleiche Anfangsbuchstaben (engl: + same sounds) | W, Kl | Alliteration | Mann und Maus, Kind und Kegel | e =row Allusion | allusion | Anspielung | G | Allusion | Sie wissen, was ich meine | s, k =row Anadiplose | | =Kette: Satz beginnt mit dem letzten Wort des vorhergehenden | S | Kette | Spätestens dann sind sie tot. Tot, weil sie nicht vorsichtig waren. | e =row Anakoluth | | Herausfallen aus der Bauart des Satzes: Satzbruch | S | Anakoluth | Es geschieht oft, dass, je freundlicher man ist, nur Undank wird … | e =row Anapher | anaphora | Wiederholung gleicher Wörter am Anfang | W, S | Anapher | Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll | e, ä =row Anastrophe | | Umkehrung der geläufigen syntaktischen Wortstellung | S | Anastrophe | des Glaubens wegen | e, ä =row Anrede | | Hinwendung an den Adressaten | G | Anrede | Meine Damen und Herren… | k =row Antithese | antithesis | Gegenüberstellung | G | Antithese | Heiß geliebt und kalt getrunken | e, s, ä =row Antonomasie | | Umschreibung: Eigenname für Gattungsname | W | Antonomasie | Demosthenes, statt großer Redner | a, ä =row Aphorismus | | kurzgefasste Aussage, die schlagkräftig einen bestimmten Gedanken auf den Punkt bringt | G | Aphorismus | "Ein Aphorismus ist das letzte Glied einer langen Gedankenkette" | ä =row Aposiopese | | Verschweigen des Wichtigen (Ellipse) | G | Aposiopese | Du wirst doch nicht… | s, k =row Apostrophe | | Anruf von visionären Gestalten | G, St | Apostrophe | Alter Freund! Immer getreuer Schlaf, fliehst du mich? | e =row Archaismus | | Veralteter sprachl. Ausdruck | St, G | Archaismus | gülden, statt golden; Wams, statt Jacke | ä =row Asyndeton | | =Un-verbundenheit: Reihung ohne Konjunktion | St, S | Asyndeton | Er kam, sah, siegte. | e =row Befehl | | - | W, S | Befehl | Geh! | e =row Beispiel | example | - | G | Beispiel | Ein Römer, wie beispielsweise Caesar | a, ä =row Chiasmus | | Überkreuzstellung | S | Chiasmus | Der Einsatz war groß, klein war der Gewinn | ä =row Chiffre | | rätselhaftes und nicht zu erfassendes Zeichen | G | Chiffre | Erkanntes Leben | ä =row Contradictio in adiecto | | Widerspruch im Beiwort, d.h. Widerspruch des Prädikats mit dem Subjekt | G | Contradictio in adiecto | blaues Blut | ä =row Correctio | | =Verbesserung: nachträgliches Verbessern seiner eigenen Aussage | S | Correctio | Das ist schlecht, ja miserabel. | e =row Dialogismus | | Selbstrede | | Dialogismus | Was, es gibt keine Hoffnung mehr; Was, ihr verzweifelt? Sehet,… | s =row Ellipse | ellipsis | =Auslassung: Auslassen eines Satzteils, verkürzte Aussage | S | Ellipse | Je schneller, desto besser; Ende gut, alles gut | e =row Emphase | emphasis | Betonung eines Wortes | G, K | Emphase | Menschen! Menschen! Falsche, heuchlerische Krokodilsbrut! | e =row Enjambement | | Satz geht über Versende hinaus (Gedicht) | S | Enjambement | nur im Gedicht | ä =row Enumeratio | | Aufzählung | W | Enumeratio | Gesundheitsämter, Krankenhäuser, Ärzte und … | e =row Epanalepse | | Wiederaufnahme eines Satzteils | S | Epanalepse | Und atmete lang und atmete tief | e =row Epipher | epiphora | Wiederholung gleicher Wörter am Ende | S | Epipher | Nicht jetzt, sagte er, später, sagte er | e, ä =row Epiphrase | | syntaktisch scheinbar beendeter Satz erhält Nachtrag | S | Epiphrase | Mein Retter seid ihr und mein Engel. | e, ä =row Epitheton ornans | | schmückendes Beiwort in formelhafter Bedeutung | W | Epitheton ornans | eulenäugige Athene | a =row Euphemismus | euphemism | =Schön-Reden: beschönigende Umschreibung eines negativen Sachverhalts | St | Euphemismus | Null-Wachstum, vollschlank | ä =row Exklamatio | | =Ausruf: Audruck einer Gemütsbewegung (Ausrufezeichen!) | W, Sb | Exklamatio | Stirb! | e =row Figura etymologica | | Verb verbunden mit stammverwandten Substantiv | W | Figura etymologica | einen Kampf kämpfen | e, ä =row Geminatio | | zweifache Wiederholung | S | Geminatio | Das ist ein Bier, Bier, wie ich es liebe | e =row Hendiadyon | | Verbindung zweier snynonymer Worte | G | Hendiadyoin | Hilfe und Beistand | e =row Hyperbel | exaggeration | Übertreibung (dt.: vergrößernd oder verkleinernd) | G | Hyperbel | ein Mund wie ein Scheunentor | a, e =row Hypotaxe | | Satzgefüge: Unterordnung der Satzglieder | S | Hypotaxe | Da es schon spät war, ging er nach Hause. | =row Hysteron proteron | | Verkehrung der richtigen Reihenfolge | S | Hysteron proteron | ihr Mann ist tot und lässt sie grüßen | e =row Inversion | | Umstellung der Satzteile (E Sinnänderung!) | S | Inversion | In seinen Armen das Kind war tot. | s, ä =row Ironie | irony | =Verstellung: Das Gegenteil des Gemeinten ist gesagt | G, W | Ironie | Das hat mir gerade noch gefehlt! | s, ä, k =row Katachrese | | Vermengung nicht zusammengehörender Begriffe | G | Katachrese | Der Zahn der Zeit wird über diese Wunde Gras wachsen lassen | ä =row Klimax | (anti)climax | =Leiter: Steigerung Wort für Wort (engl: difference between anticlimax and climax!) | G | Klimax | Er weint, er ist bezwungen, er ist unser! | e =row Litotes | understatement | =Schlichtheit: Verneinung des Gegenteils des Gemeinten, Untertreibung | G | Litotes | nicht gerade neu | s, ä =row Metapher | metaphor | =Übertragung: übertragene Bedeutung eines Wortes | G, St | Metapher | Die Sonne lacht; der Fuß des Berges | a, ä =row Metonymie | | =Namens-vertauschung: eingebürgerte Wortersetzung | W, G | Metonymie | Leder, statt Ball; Goethe lesen | a =row Neologismus | | Neuschöpfung eines Wortes | W | Neologismus | Overkill; Instandbesetzer | a =row Onomatopoesie | | Lautmalerei | W | Onomatopoesie | Es knistert und knastert. | e, a, ä =row Oxymoron | antithesis | Verbindung zwei sich widersprechender Ausdrücke | W | Oxymoron | alter Knabe; bittere Süße | s =row Paradoxon | paradox | scheinbar widersinnige Behauptung, die jedoch richtig ist | S | Paradoxon | Wer viel weiß, sieht ein, wie wenig wir wissen. | s =row Parallelismums | parallelism | klarer Gleichlauf der Satzglieder | S | Parallelismums | Heiß ist die Liebe, kalt ist der Schnee | e =row Parataxe | | Satzreihe; Gleichordnung im Satzbau | S | Parataxe | Es war schon spät; deshalb ging er nach Hause. | =row Parenthese | | Einschub | S | Parenthese | Ich möchte ihnen, ich fasse mich kurz, über die… | a =row Paronomasie | | Spiel mit gleichlautenden Wörtern | W, G | Paronomasie | Haide - Heide; Lärche - Lerche | s, ä =row Periphrase | | Umschreibung: Begriff durch Einzelmerkmale | G | Periphrase | "Allmächtiger", statt Gott; "Regierungscheff", statt Bundeskanzler | ä =row Personifikation | personification | =Person-machung: Vermenschlichung eines Gegenstandes | St, W | Personifikation | Kunst und NWS gehen Hand in Hand | a =row Pleonasmus | | Hinzufügen eines Wortes, das schon im Substantiv enthalten ist | W | Pleonasmus | weißer Schimmel; alter Greiß | a =row Polyptoton | | Wiederholung eines Wortes in versch. Konjugationsformen | S, Kl | Polyptoton | Auf um Auge | e =row Polysemie | | Wortspiel, das die Mehrdeutigkeit von Wörtern ausnutzt | W, G | Polysemie | Bist du per Anhalter gekommen? - Du siehst so mitgenommen aus. | u =row Polysyndeton | | =Viel-verbundenheit: Aneinanderreihung mit bewusster Wdh des Bindeworts | S, Kl | Polysyndeton | Und es wallet und siedet und brauset | e =row Repetitio | | Wiederholung | W, S, Kl | Repetitio | Bald da, bald dort | e =row rhetorische Frage | rhetorical qu. | Scheinfrage, ohne Antwort | G | rhetorische Frage | Wer glaubt denn das noch? | s, k =row Stilbruch | | Ausdrucksweisen aus verschiedenen Sprachebenen werden vermischt | St | Stilbruch | Schnell rotzte er ein Gedicht aufs Blatt. | e =row Symbol | symbol | =Erkennungszeichen: Ein Gegenstand/Geschehen := Sinnbild für etwas anderes | G | Symbol | "Wasser", "Ring" | e, ä =row Synästhesie | | =Zusammen-empfindung: Vermischung mehrerer Sinnesgebiete | W, S | Synästhesie | Golden wehn die Töne, süß spricht das Herz | a, ä =row Synekdoche | | =Mitverstehen: Ein Teil steht für das Ganz oder umgekehrt (pars pro toto) | W | Synekdoche | Lenz, statt Jahr; Klinge, statt Schwert | a =row Synonym | | sinnverwandtes Wort | W | Synonym | leuchten für scheinen | ä =row Synonymie | | Aneinanderreihung sinnverwandter Wörter | W | Synonymie | Ich bin entrüstet, empört, erschüttert. | e, s =row Tautologie | | Wiederholung des gesagten mit sinnverwandtem Wort | W, S | Tautologie | nackt und bloß; voll und ganz | e, ä =row Vergleich | simile | Verknüpfung zweier in einem Punkt übereinstimmender Bereiche (wie!) | St, G | Vergleich | stark wie ein Löwe | a =row Wortspiel | pun | - | W, G | Wortspiel | Jesuiter - Jesuwider | u =row Zeugma | | Verbindung von Substantiven/Sätzen durch ein Verb, das nur zu einem passt | S | Zeugma | Er schlug das Fenster und den Weg zum Bahnhof ein | e =row Zitat | | Mit Aussagen anderer werden eigene Thesen unterstützt | S | Zitat | "handfeste Änderungen der Wirtschaftspolitik" | e =for latex \end{tiny}