0.0.1 ↑ 113. Hausaufgabe
0.0.1.1 ↑ B. S. 382: Treffend vs. zutreffend
An einer entscheidenden Stelle sollte man sich darüber klar werden, welche Vorstellungen vom Licht zutreffend sind. (Metzler, S. 382)
Modelle können nicht zutreffend sein, ähnlich wie Zahlen keinen Geschmack haben. Modelle können nur treffend sein; Modelle liefern eine treffende Beschreibung der Realität.
Je nach Modell und Einsatzgebiet kann diese Beschreibung treffender oder weniger treffend sein: Beispielsweise beschreibt die Strahlenoptik die Phänomene am Doppelspalt weniger treffend als die Wellenoptik.
0.0.1.1.1 ↑ Intelligent Design
Das Missverständnis um den Theorien- und Modellbegriff findet man oft in populären Medien. So liegt beispielsweise auch der Konflikt um Intelligent Design in Amerika in diesem Missverständnis begründet.
This textbook contains material on evolution. Evolution is a theory, not a fact, regarding the origin of living things. (Auszeichnung von Biologiebüchern)
Unlike traditional creationism, which posits that God created the earth in six days, proponents of intelligent design assert that the workings of this planet are too complex to be ascribed to evolution. There must have been a designer working to a plan –- that is, a creator. (Quelle: Religious right fights science for the heart of America, The Guardian, 2005)
Dass Naturwissenschaften nicht nach dem "warum?" fragen, ist anscheinend ebenso wenig bekannt wie dass Gen 1-11 nicht Geschichtsgeschehen beschreibt, sondern Grundgedanken menschlicher Situation darlegt. (Anders ist auch nicht zu erklären, dass sich zwei widersprüchliche Schöpfungsgeschichten in der Bibel finden: die Sieben-Tage- (Gen 1,1–2,4a) und die Adam-und-Eva-Schöpfungsgeschichte (Gen 2,4b ff.).)
0.0.1.2 ↑ B. S. 382: Photonenverteilung hinter dem Doppelspalt
Laut Metzler kann aus dem Interferenzmuster auf dem Schirm eine besondere Verteilung der Photonen (und damit der Energie) hinter dem Doppelspalt gefolgert werden.
Das ist missverständlich formuliert: Ähnlich, wie es keine Wassertropfen in einer gefüllten Badewanne gibt, gibt es keine Photonen hinter dem Doppelspalt. Licht besteht genausowenig aus Photonen wie Zahlen aus Einsen.
4 = 1 + 1 + 1 + 1 oder 4 = 2 \cdot 2?
Gemeint ist vielmehr, dass die "Orte", an denen Energietransfers zwischen dem Licht und dem Schirm stattfinden, eine besondere Verteilung aufweisen: Es gibt Orte, an denen pro Zeiteinheit viele Energietransfers stattfinden, und Orte, an denen weniger Enerie übertragen wird.
Das entspricht unserem Wissen über Interferenzmuster.
0.0.1.3 ↑ B. S. 383: Schluss auf Lichtquanten
Unter entsprechender Vergrößerung beobachtet man, dass das Schirmmaterial nicht gleichmäßig (kontinuierlich) gefärbt ist. Daraus kann aber nicht unmittelbar geschlossen werden, dass wegen dieser Beobachtung auch "das Licht" gequantelt sein muss:
Das Schirmmaterial selbst – oder, allgemeiner: Materie – ist gequantelt! Auch wenn der Energietransfer zwischen Licht und Materie nicht gequantelt wäre, würde man eine körnige Verteilung der Schwärzungen beobachten.
0.0.1.4 ↑ B. S. 383: Photonendichte
Aus der Verteilung der Schwärzungen folgert der Metzler eine Photonendichteverteilung:
Die Dichte der Photonen ist proportional zur Intensität I und damit proportional zum Quadrat der Amplitude der elektrischen Feldstärke \mathcal{E}^2. (Metzler, S. 383)
Richtiger dürfte aber nur von einer Dichte der Schwärzungen, nicht von einer Dichte der Photonen hinter dem Doppelspalt, gesprochen werden. Die schwarz gefärbten Kristalle sind nicht Photonen!
0.0.1.5 ↑ B. S. 383: Aufgaben
0.0.1.5.2 ↑ Aufgabe 1
Die kleinste Lichtintensität, die das menschliche Auge noch wahrnehmen kann, liegt bei I = 10^{-10} \,\frac{\mathrm{W}}{\mathrm{m}^2}. Wie viele Photonen (\lambda = 560 \,\mathrm{nm}) treten bei dieser Intensität pro Sekunde in eine Pupille der Fläche A = 0{,}5 \,\mathrm{cm}^2 ein?
\frac{n}{1 \,\mathrm{s}} = \frac{A I}{h f} = \frac{A I}{h c} \cdot \lambda \approx 14 \cdot 10^3 \,\frac{1}{\mathrm{s}};
Bei der Herleitung der Lösung hilft es, die Einheiten zu betrachten: Weiß man, dass \left[h f\right] = 1 \,\mathrm{J} und dass \left[I\right] = 1 \,\frac{\mathrm{J}}{\mathrm{s} \cdot \mathrm{m}^2}, so kann man erkennen, dass es nur eine denkbare Möglichkeit für die Formel gibt, wenn die Größen A, I und f in ihr vorkommen und das Ergebnis die Einheit 1 \,\frac{1}{\mathrm{s}} tragen soll.
0.0.1.5.3 ↑ Aufgabe 2
Ein Laser habe eine Strahlungsleistung von P = 1 \,\mathrm{mW} bei \lambda = 632{,}8 \,\mathrm{nm} und einen Strahlquerschnitt von A_{\odot} = 4 \,\mathrm{mm}^2.
- a)
Wie groß ist die Anzahl der Photonen, die pro Sekunde auf A_{\perp} = 1 \,\mathrm{mm}^2 einer Fläche senkrecht zum Strahl treffen?
\frac{n}{1 \,\mathrm{s}} = \frac{\frac{A_{\perp}}{A_{\odot}} P}{h f} = \frac{\frac{A_{\perp}}{A_{\odot}} P}{h c} \cdot \lambda \approx 8 \cdot 10^{14} \,\frac{1}{\mathrm{s}};
- b)
Vergleichen Sie die Intensität des Laserlichts mit der des Sonnenlichts (I_{\text{Sonne}} = 1{,}36 \,\frac{\mathrm{kW}}{\mathrm{m}^2}).
\frac{P}{A_{\odot}} \approx 3 \cdot 10^2 \,\frac{\mathrm{W}}{\mathrm{m}^2} \approx 5 \cdot I_{\text{Sonne}};
0.0.1.5.4 ↑ Missverständlich: Photonenstrom?
Bei Aufgabe 1) treten nicht Photonen in die Pupille ein, sondern Licht. In der Pupille kommt es dann zu elementaren Wechselwirkungsereignissen zwischen dem Licht und den Lichtrezeptoren. Es ist nicht zulässig, von einem "Photonenstrom" zu sprechen.
Analog treffen auch bei Aufgabe 2) nicht Photonen auf die Querschnittsfläche, sondern Licht.
0.0.1.6 ↑ B. S. 384: Anwendung des Gesetzes der großen Zahlen
Betrachtet man die Schirmfärbungen einer Lichtquelle variabler Intensität, so bemerkt man, dass sich die Färbungsverteilung mit zunehmender Intensität der Intensitätsverteilung auf der Höhe des Schirms immer mehr angleicht.
Wir kennen das aus der Stochastik: Die Augenzahlverteilung nach zehnmaligen Werfen eines Würfels weicht noch stark von der "theoretischen" Verteilung bei unendlich vielen Würfeln ab.
Es folgt ein interessanter Sachverhalt: Beobachtet man eine bestimmte Stelle des Schirms, so lässt sich nicht voraussagen, wann eine Färbung eintritt. Es lässt sich aber vorhersagen, wie viele Färbungen pro Zeiteinheit durchschnittlich zu erwarten sind.
Ein ähnliches Phänomen kennen wir bereits aus dem Physikunterricht der 10. Klasse: Es lässt sich nicht vorhersagen, wann ein radioaktiver Kern zerfallen wird; es lässt sich aber vorhersagen, wie viele Zerfälle pro Zeiteinheit durchschnittlich zu erwarten sind.
0.0.1.7 ↑ B. S. 386: De-Broglie-Wellen
Die für Photonen geltenen Formeln E = h f und p = \frac{h}{f} lassen sich auf andere Teilchen übertragen.
Beispielsweise ist die de-Broglie-Frequenz eines ruhenden Elektrons (E_0 = 511 \,\mathrm{keV}) f_e = \frac{E_e}{h} \approx 1{,}24 \cdot 10^{20} \,\mathrm{Hz} (\lambda \approx 2{,}43 \,\mathrm{pm}).
0.0.1.7.5 ↑ Wellenlänge eines ruhenden Elektrons = Compton-Wellenlänge!
Interessanterweise haben wir diese Wellenlänge bereits im Kontext des Compton-Effekts unter dem Namen "Compton-Wellenlänge" kennengelernt:
f_{\text{C}} = \frac{c}{\lambda_{\text{C}}} = \frac{c}{\frac{h}{m_e c}} = \frac{m_e c^2}{h} = \frac{E_e}{h} = f_e;
[XXX v \neq c;]
0.0.1.7.6 ↑ Wellenmedium?
Der Metzler beantwortet nicht die wichtige Frage, in welchem Medium sich de-Broglie-Wellen ausbreiten, bzw. genauer: welche physikalische Größe bei de-Broglie-Wellen schwingt.
Gezeigt wird nur, dass man, wenn man mit de-Broglie-Wellenlängen genauso umgeht, wie man es mit elektromagnetischen Wellenlängen tut, Interferenzberechnungen anstellen kann.
0.0.1.8 ↑ B. S. 387: Interferenz von Elektronen
Elektronenwellen interferieren am Doppelspalt oder an BRAGGkristallen "ähnlich" wie elektromagnetische Wellen; es sind die gleichen Formeln, wie beispielsweise \Delta s = n \lambda = b \cdot \sin\alpha, gültig.
Elektronen sind also nicht "klassiche Teilchen"; man sieht beim Doppelspaltexperiment mit Elektronen keinen "Schatten", sondern ein Interferenzmuster.
Schwierig ist wegen der sehr kleinen Elektronenwellenlänge die praktische Durchführung von Elektroneninterferenzexperimenten: Anstatt Spalte nutzen zu können, ist man auf von der Natur vorgefertigte (und damit nur begrenzt veränderbare) Kristalle mit festen Netzebenenabständen angewiesen.
Auch gibt es für Elektronen kein "durchsichtiges" Material, wie es beispielsweise die Luft für sichtbares Licht ist; man muss daher mit dem Vakuum hantieren.
0.0.1.9 ↑ B. S. 389: Vollständige Beschreibung?
Das Verhalten von Elektronen wird nur dann vollständig beschrieben, wenn man zur Ausbreitung Welleneigenschaften und für die Wechselwirkung Teilcheneigenschaften verwendet. (Metzler, S. 389)
Diese Aussage ist in zweifacher Hinsicht missverständlich.
Abgesehen davon, dass es Elektronen nur im Modell gibt, wird das Verhalten von Elektronen in jeder denkbaren Situation nicht durch die Kombination Wellen-/Teilcheneigenschaften beschrieben; genauer müsste der Satz lauten:
Das Verhalten von Elektronen wird nur dann für alle uns momentan bekannten Fälle treffend beschrieben, wenn man zur Ausbreitung Welleneigenschaften und für die Wechselwirkung Teilcheneigenschaften verwendet.
0.0.1.10 ↑ B. S. 389: Wechselwirkung ⇔ Teilcheneigenschaften?
Außerdem muss noch eingeschränkt werden, welche Wechselwirkungen mit Teilcheneigenschaften beschrieben werden müssen: Wechselwirken nämlich zwei Elektronenwellen miteinander – beispielsweise bei der Interferenz am Doppelspalt –, so ist eine Beschreibung mithilfe der Teilcheneigenschaften nicht möglich (bzw. wenig treffend).
Stattdessen muss man (naheliegenderweise) bei der Wechselwirkung Elektronenwelle↔Elektronenwelle die Welleneigenschaften nutzen. Korrekt müsste daher der Satz lauten:
Das Verhalten von Elektronen wird nur dann für alle uns momentan bekannten Fälle treffend beschrieben, wenn man zur Ausbreitung Welleneigenschaften und für die Wechselwirkung mit Materie Teilcheneigenschaften verwendet.
0.0.1.11 ↑ B. S. 389: Aufgaben
0.0.1.11.7 ↑ Aufgabe 1
Zum Versuch von Jönsson: Elektronen werden mit einer Spannung U_{\text{A}} = 54{,}7 \,\mathrm{kV} beschleunigt, bewegen sich durch einen sehr feinen Doppelspalt mit dem Spaltabstand d = 2 \,\mu\mathrm{m} und werden im Abstand von e = 40 \,\mathrm{cm} registriert. Berechnen Sie die Wellenlänge \lambda der Elektronen und den Abstand a der Interferenzmaxima auf dem Bildschirm.
E = E_0 + e U_{\text{A}} = h f = h c / \lambda; ⇔ \lambda = \frac{h c}{E_0 + e U_{\text{A}}} \approx 2{,}19 \,\mathrm{pm};
\lambda = d \sin\alpha = d \sin \arctan \frac{a}{e} \approx \frac{d a}{e}; ⇔ a \approx \frac{\lambda e}{d} \approx 438 \,\mathrm{nm}; (!!)
0.0.1.11.8 ↑ Aufgabe 3
Berechnen Sie die de-Broglie-Wellenlänge einer Metallkugel der Masse m = 1 \,\mathrm{g}, die sich mit v = 1 \,\frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s}} bewegt. Warum ist es praktisch unmöglich, in diesem Fall Interferenzen nachzuweisen?
p = m v = h / \lambda; ⇔ \lambda = \frac{h}{m v} \approx 6 \cdot 10^{-31} \,\mathrm{m};
Um Interferenzphänomene beobachten zu können, benötigt man Objekte in der Größenordnung der Wellenlänge – beispielsweise Kristalle mit einem Netzebenenabstand der Wellenlänge.
Sogar die atomaren Maßstäbe sind aber viel größer als die Wellenlängen makroskopischer Objekte.
0.0.1.12 ↑ Fragen
0.0.1.12.9 ↑ Unsymmetrie Photonen vs. Elektronen
Wenn wir von der Ausbreitung von Licht reden, denken wir uns eine sich ausbreitende Welle. Wir denken uns nicht, Licht bestünde aus Photonen; wir reden auch nicht von Photonenströmen.
Bei der Ausbreitung von Elektronen dagegen spricht der Metzler von sich bewegenden Elektronen, die lediglich in ihrer Ausbreitung Wellencharakter aufweisen. Außerdem ist es bei Elektronen anscheinend auch im Kontext der Interferenzexperimente sehr wohl zulässig, von einem Elektronenstrom zu sprechen.
Ist es möglich, diese Unsymmetrie aufzulösen?
0.0.1.12.10 ↑ Auswirkungen der Polarisation beim Fotoeffekt
Laut Metzler (S. 382, unten links) hat die Polarisation der einfallenden Lichtwellen einen Einfluss auf die Emissionsrichtung der Elektronen. Wie deutet man das?
Die Polarisationsrichtung als "Bewegungsrichtung" der Photonen zu nehmen scheitert, widerspricht sie doch unserer Deutung des Phänomens, dass Kometenschweife immer von der Sonne weg gerichtet sind; die Impulsrichtung ist nicht von der Signalrichtung, sondern von der Ausbreitungsrichtung abhängig.
Die Welleneigenschaften beschreiben den Fotoeffekt aber nur unzufriedenstellend – der Fotoeffekt war ja gerade die Motivation, von Photonen zu sprechen.
Wie also kann man die Signalrichtung – eine Größe des Wellenmodells – auf bestimmte Eigenschaften der Photonen zuordnen?
0.0.1.13 ↑ Bildquellen
http://netmeme.org/blog/archives/images/darwin-ape.jpg
http://www.hqrd.hitachi.co.jp/em/emgif/fig2.gif