0.0.1 ↑ 106. Hausaufgabe
0.0.1.1 ↑ Exzerpt und Diskussion von B. S. 378: Erzeugung von Röntgenstrahlung als inverser Prozess des lichtelektrischen Effekts
Man kann die Erzeugung von Röntgenstrahlung in einer Röntgenröhre als einen zum lichtelektrischen Effekt inversen Prozess sehen. Das kann man damit begründen, dass beim fotoelektrischen Effekt Energie vom einfallenden Licht an Elektronen übertragen wird. Oder, im Teilchenmodell: Dass einfallende Photonen ihre Energie an Elektronen übertragen.
Bei der Erzeugung von Röntgenstrahlung wird die Energie der abbremsenden Elektronen auf Licht übertragen, oder, im Teilchenmodell: Die Energie der Elektronen resultiert in der Erzeugung von Photonen, deren Wellenlänge im Bereich von Röntgenwellen liegt.
Die beiden Prozesse vollständig als invers zueinander anzusehen, scheitert bei genauerer Betrachtung jedoch: Beim lichtelektrischen Effekt existieren sowohl die Elektronen als auch das Licht schon vor "Einsetzen" des Effekts.
Bei der Erzeugung von Röntgenstrahlung jedoch existieren zwar die Elektronen schon zuvor, die Strahlung wird jedoch erst erzeugt.
0.0.1.2 ↑ Exzerpt und Diskussion von B. S. 378: Präparation von Röntgenstrahlung
Ungefilterte Röntgenstrahlung einer Röntgenröhre breitet sich in einer Vielzahl von Richtungen aus und enthält ein breites Frequenzspektrum. Dies ist für genaue Analysen der Strahlung ungünstig. Glücklicherweise lassen sich beide Probleme lösen.
0.0.1.2.1 ↑ Räumliche Filterung durch eine Blende
Das Problem der Ausbreitung in viele Richtungen kann durch eine Blende gelöst werden. Diese lässt nur Strahlung einer bestimmten Ausbreitungsrichtung durch; andere wird gefiltert. Je nach bevorzugter Definition der räumlichen Kohärenz kann man sagen, dass die Blende die Strahlung räumlich kohärent macht.
Anders als beim Doppelspaltversuch gibt es keine Quellen von Röntgenstrahlung, die "von Natur aus" räumlich kohärent sind; das Pendant zum Laser gibt es für Röntgenstrahlung also nicht.
0.0.1.2.1.1 ↑ Nur genau eine Richtung?
Man darf nicht aber nicht glauben, dass durch eine Blende nur noch genau eine Richtung durchgelassen würde! Dies wäre nur der Fall, wenn das Loch der Blende infinitesimal klein wäre.
Wäre dies aber der Fall, käme überhaupt keine Röntgenstrahlung mehr durch, die Intensität der gefilterten Strahlung wäre Null!
In der Praxis macht man daher das Loch nur so klein, dass das Spektrum unterschiedlicher Richtungen für den jeweiligen Versuch klein genug, die Intensität der gefilterten Strahlung aber immer noch groß genug ist.
0.0.1.2.2 ↑ Frequenzfilterung durch einen Kristall
Die Strahlung nach der Blende bewegt sich annähernd in nur eine Richtung, weist aber noch immer ein breites Frequenzspektrum auf. Lösen lässt sich das Problem durch die Ausnutzung der Bragg-Bedingung für die "Reflexion" von Röntgenstrahlung an Kristallen. Legt man eine passende Definition zeitlicher Kohärenz zugrunde, so kann man sagen, dass die "Reflexion" an einem Kristall die Strahlung zeitlich kohärent macht.
Um Begriffsschwierigkeiten vorzubeugen ist aber "monochromatisch" wohl ein besserer Begriff, da er keine mehrdeutigen Interpretationen zulässt. Das Pendant zum Doppelspaltversuch mit einer normalen Lampe, also nicht mit einem Laser, sind Farbfilter.
Fällt Röntgenstrahlung unter einem bestimmten Winkel \vartheta ein, so beobachtet man unter dem Austrittswinkel \vartheta nur Strahlung der Wellenlänge n \lambda = 2 d \sin\vartheta, wobei d der Netzebenenabstand des Kristalls (in der Größenordnung von 100 \,\mathrm{pm}) ist.
0.0.1.2.2.2 ↑ Zweite Maxima?
Durch den Parameter n in der Formel wäre es theoretisch möglich, dass auch Strahlung einer anderen Wellenlänge als der gewünschten Wellenlänge \lambda, beispielsweise \lambda' = \frac{1}{2} \lambda, unter einem Winkel \vartheta zu beobachten ist, unter dem auch Strahlung der gewünschten Wellenlänge \lambda zu beobachten ist: Die Strahlung der Wellenlänge \lambda' hat bei \vartheta ihr zweites Maximum, während die Strahlung der gewünschten Wellenlänge \lambda ihr erstes hat.
Dieser Fall tritt aber in der Praxis nicht auf bzw. ist vernachlässigbar, da zum einen die Intensität der zweiten Maxima gering ist und da zum anderen das interessante Spektrum nicht so breit ist, als dass zweite Maxima in es hineinfallen würden.
0.0.1.2.2.3 ↑ Nur genau eine Frequenz?
Ähnlich wie bei der Filterung der Ausbreitungsrichtung darf man auch bei der Frequenzfilterung nicht glauben, dass unter einem bestimmten Winkel \vartheta nur Strahlung der Wellenlänge \lambda = 2 d \sin\vartheta zu beobachten wäre – auch, wenn man das Problem der zweiten Maxima "wegidealisiert".
Das liegt daran, dass kein Messgerät eine infinitesimale Breite hat. Nur bei einer infinitesimalen Breite wäre aber der zum Kreisbogen korrespondierende Winkel ebenfalls infinitesimal.
Idealisiert man diese praktische Limitierung weg, so bleibt immer noch das Problem, dass man – analog zum Problem bei der räumlichen Filterung – mit einem Messgerät infinitesimalen Winkels überhaupt keine Strahlung messen würde, da die Intensität bei einem infinitesimalen Winkel Null ist!
In der Praxis versucht man daher, die Messgeräte so klein zu bauen, dass Störeffekte anderer Frequenzen kaum eine Rolle spielen und dass trotzdem die Intensität groß genug ist.
0.0.1.3 ↑ Exzerpt und Diskussion von B. S. 378: Messung der Strahlungsintensität in Abhängigkeit der Wellenlänge
Die Intensität der präparierten Strahlung kann man über ein Zählrohr messen. Zur Funktionsweise des Zählrohrs sind zwei Erklärungen denkbar.
Zum einen ist vorstellbar, dass die einfallende Strahlung einen lichtelektrischen Effekt auslöst und somit Elektronen freisetzt. Diese könnten dann über ein Strom- oder Ladungsmessgerät abfließen. Da der so erzeugte Strom wohl eine geringe Stromstärke aufweist, die ein Messen erschweren würde, könnten die herausgelösten Elektronen über eine Spannung beschleunigt werden und so beschleunigt weitere Elektronen herauslösen.
Wikipedia hat dazu folgendes Diagramm:
Alternativ ist denkbar, dass die hochenergetische (weil hochfrequente) Strahlung die Luft oder ein spezielles Gas im Zählrohr ionisiert. Wiederum werden Elektronen frei, welche abfließen und gemessen werden können.
0.0.1.4 ↑ Exzerpt und Diskussion von B. S. 378f.: Deutung der vom Anodenmaterial abhängigen Spektren
Die resultierenden Spektren kann man sich aus dem Spektrum einer Bremsstrahlung und einer für das Anodenmaterial charakteristischen Strahlung zusammengesetzt denken.
0.0.1.4.3 ↑ Bremsstrahlung
Es fällt auf, dass es eine kleinste Wellenlänge \lambda_{\text{min}} gibt – die kurzwellige Grenze der Röntgenstrahlung. Diese ist nur von der Anodenspannung U_{\text{Anode}}, und nicht vom Anodenmaterial, abhängig.
0.0.1.4.3.4 ↑ Die kurzwellige Grenze
Das Spektrum einer beliebigen Röntgenquelle zeigt keine Wellen unterhalb der kurzwelligen Grenze \lambda_{\text{min}}! Dabei handelt es sich nicht um praktische Messprobleme, beispielsweise dass durchaus Wellen dieser Wellenlänge vorkommen, nur die Intensität dieser Wellen so gering ist, dass sie nur schwer messbar sind – sondern um eine auch in der Theorie vorhandene Eigenschaft.
0.0.1.4.3.5 ↑ Abbremsung der Elektronen
Die Abbremsung der Elektronen im/vorm/beim Festkörper kann wiefolgt erklärt werden: Beim Annähern an den Festkörper werden die zuvor beschleunigten Elektronen abgebremst. Eine mögliche Begründung dafür erhält man, wenn man die Ladungen der Atomhüllen im Festkörper und der abbremsenden Elektronen betrachtet: Da beide negativ geladen sind, wirkt eine abstoßende elektrische Kraft.
Es ist auch eine alternative Begründung denkbar: Tauchen die Elektronen in den Festkörper ein, so wechselwirken die Elektronen mit dem Festkörper, beispielsweise durch Abgabe von Energie an den Festkörper in Form von Schwingungsenergie. Mit einem Energieverlust geht über die Beziehung E(v) = m(v) c^2 immer auch ein Geschwindigkeitsverlust einher; die Elektronen werden abgebremst.
0.0.1.4.3.6 ↑ Die kurzwellige Grenze (Forts.)
Stochastisch verteilt geben die Elektronen einen Teil ihrer Energie an den Festkörper ab; die genaue Form der Energieübertragung spielt dabei keine Rolle.
Wichtiger ist, dass der andere Teil der kinetischen Energie in der Emission von Röntgenstrahlung resultiert: Durch diese Feststellung wird der höherwellige Teil des Spektrums erklärt.
Es gibt auch Elektronen, die idealisiert gar keinen Teil ihrer Energie an den Festkörper abgeben. Deren gesamte kinetische Energie führt zur Emission von Röntgenstrahlung der Grenzwellenlänge. Die kinetische Energie können die Elektronen nur durch die (Beschleunigung durch die) Anodenspannung U_{\text{Anode}} erhalten.
Also lässt sich über den Zusammenhang E = h f zwischen übertragener Energie und Wellenlänge der resultierenden Strahlung die kurzwellige Grenze der Röntgenstrahlung bestimmen:
E_e = e U_{\text{Anode}} = h f_{\text{max}} = \frac{h c}{\lambda_{\text{min}}} = E_{\gamma};
0.0.1.4.4 ↑ Charakteristische Strahlung
Zusätzlich zur Bremsstrahlung kommt auch Strahlung vor, die charakteristisch für das verwendete Anodenmaterial ist. Die charakteristische Strahlung enthält nur sehr wenige Frequenzen; es kommen nur einige wenige Peaks vor.
Die Ursache dieser Peaks liegt in atomphysikalischen Prozessen, die wir in 13/2 behandeln werden.
0.0.1.5 ↑ Exzerpt und Diskussion von B. S. 379: Zusammenhang zwischen übertragener Energie und resultierender Wellenlänge
Die kurzwellige Grenze der Röntgenstrahlung kann man zur Bestimmung des PLANKschen Wirkungsquantums h ausnutzen. Einfach die Elektronenergie gegenüber der Lichtfrequenz aufzutragen führt jedoch nicht zu einem brauchbaren Ergebnis, da nicht alle Elektronen ihre gesamte Energie ans Licht übertragen.
Zu einem E-Wert hätte man also, stochastisch verteilt, viele f-Werte. In gewisser Weise ist das analog zur Bestimmung des Wirkungsquantums beim Fotoeffekt: Beim Fotoeffekt nutzt man eine variable Gegenspannung um die Elektronen herauszufiltern, die am meisten Energie besitzen – man fragt nach den "schnellsten" Elektronen, die den "Berg" gerade noch schaffen.
Bei der Erzeugung von Röntgenstrahlung in einer Röntgenröhre muss man ebenso eine Auswahl treffen. Hat man als Ziel die Bestimmung des PLANKschen Wirkungsquantums, so betrachtet man geeigneterweise nur die Elektronen, deren gesamte kinetische Energie zur Erzeugung von Röntgenstrahlung führt.
Für diese gilt die Beziehung E_e = e U_{\text{Anode}} = h f_{\text{max}}, welche in einer grafischen Darstellung in Form einer Geraden mit konstanter Steigung h darstellbar ist.
0.0.1.6 ↑ Fragen zur Erzeugung von Röntgenstrahlung in einer Röntgenröhre
Wieso wird maximal nur die gesamte kinetische Energie der abbremsenden Elektronen in Strahlung umgewandelt?
Wieso kann nicht noch (ein Teil?) der Energie der Elektronenmasse, also E_e = m_e c^2, genutzt werden?
Wieso nimmt die Intensität der Bremsstrahlung mit zunehmender Wellenlänge ab?
Wieso hat die I–\lambda-Kurve bei \lambda_{\text{min}} einen "Knick", im Sinne von "nicht differenzierbar"?
Wieso weist die Intensitätskurve aus 378.2 einen Wendepunkt kurz nach der kurzwelligen Grenze der Röntgenstrahlung auf, der vergrößerte Ausschnitt aus 379.1 aber nicht?
0.0.1.7 ↑ Allgemeine Fragen
Gegeben sei ein idealisierte Quelle elektromagnetischer Strahlung einiger Hertz variabler Intensität und ein idealisiertes \mathcal{E}-Messgerät. Das idealisierte Messgerät sei imstande, beliebig kleine Feldstärken zu messen.
Wird die Quelle mit einer üblichen Intensität eingeschaltet, so ist am Messgerät die \mathcal{E}(t)-Kurve verfolgbar.
Was passiert nun, wenn man die Intensität der idealisierten Quelle so klein macht, dass der Energiebetrag, der pro Sekunde übermittelt wird, in der Größenordnung der Energie einiger Photonen liegt, also E \approx h f, wobei f die Frequenz der Quelle ist? Ist am idealisierten Messgerät noch eine kontinuierliche \mathcal{E}(t)-Kurve verfolgbar?