0.1 ↑ Sonstiges
0.1.1 ↑ Rhetorische Stilmittel
(Dieser Text ist, anders als der Rest von klasse12.tk, nicht © Ingo Blechschmidt und lizensiert unter den Richtlinen der GNU General Public License, sondern © Philipp Heinrich (keine Lizenz). Veränderung ohne Rücksprache nicht erlaubt.)
Gestaltungsmittel können einen Gedanken auf ganz unterschiedliche Art und Weise veranschaulichen, z.B. durch einen sprachlichen Stellvertreter oder einen (in)direkten Vergleich. Oder aber sie decken auf, indem sie verhüllen, bzw. sie verhüllen etwas, um es aufzudecken. Zudem kann der Sinn eines Satzes durch seine Struktur festgelegt werden.
Das bedeutet für den Leser, dass er wachsam sein muss, um nicht "reinzufallen". Er muss "hinter die Kulissen" schauen:
Bei "Bildern" ist das noch relativ einfach: Sie regen die Vorstellungskraft an, machen das Gemeinte anschaulich, sodass man es mit dem geistigen Auge "sehen" kann. Werden Wörter jedoch nicht im reinen Wortsinn gebraucht, so reicht zum Verstehen die Kenntnis ihrer lexikalischen Bedeutung nicht mehr aus, sondern man muss hinter die "Wortmaske" schauen und die gemeinte Bedeutung enthüllen. Solcher nicht wörtlich gemeinte Sprachgebrauch wird auch uneigentliche Redeweise genannt. Da sie die Wortwahl betrifft, bezeichnet man sie in der Rhetorik auch als "Wortfiguren".
Außer der wörtlichen und der bildhaften Ausdrucksweise gibt es auch noch andere Möglichketien des Wortgebrauchs: Man meint (dem Sinn nach) etwas anderes, als man "im wörtlichen Sinne" sagt.
Warum? Dies gibt Gelegenheit, etwas indirekt hervorzuheben, was beim normalen (direkten) Ausdruck leicht unbemerkt bliebe oder zu krass ausfiele. Diese Form der uneigentlichen Redeweise zielt vor allem auf die psychologische Wirkung der Formulierung ab.
Dies ist reizvoll und gefährlich zugleich; denn die uneigentliche Redeweise ist nicht eindeutig. Der Reiz des deutenden Verstehens liegt in der aktiven Eigenleistung des Lesers. Damit wir jedoch nichts "hineinlesen", müssen wir die Ergebnisse am Text überprüfen.
Letztendlich gilt in jedem Falle: Bei einer Untersuchung der sprachlich-stilistischen Mittel genügt es nicht, diese einfach aufzuzählen. Da von "Mitteln" die Rede ist, muss vielmehr der Zweck, von dem her sie ihre Bestimmung erhalten, erläutert werden. Dies kann nicht schematisch erfolgen. Die Angaben zur Funktion können daher nur Hinweise sein.
Figur:
- W
Wort
- St
Stil
- G
Gedanke
- S
Satz(bau)
- Kl
Klang
Funktion:
- e
eindringlich
- a
anschaulich
- ä
ästhetisch(-anschaulich)
- s
spannend
- k
kommunikativ
- u unterhaltend
Bezeichung | English | Erklärung | Figur | Bezeichung | Beispiel | Funktion |
---|---|---|---|---|---|---|
Adhortatio | appeal | Aufforderung | G | Adhortatio | k | |
Akkumulation | accumulation | mehrere Unterbegriffe statt des zusammenfassenden Oberbegriffs | W | Akkumulation | Nun ruhen alle Wälder, Vieh, Menschen, Städte und Felder | e |
Allegorie | systematisierte Metapher, bildhaft belebte Darstellung eines abstrakten Begriffs oder Gedankens | St, G | Allegorie | Justitia - Gerechtigkeit; Fortuna-Glück | a, ä | |
Alliteration | alliteration | Stabreim: gleiche Anfangsbuchstaben (engl: + same sounds) | W, Kl | Alliteration | Mann und Maus, Kind und Kegel | e |
Allusion | allusion | Anspielung | G | Allusion | Sie wissen, was ich meine | s, k |
Anadiplose | =Kette: Satz beginnt mit dem letzten Wort des vorhergehenden | S | Kette | Spätestens dann sind sie tot. Tot, weil sie nicht vorsichtig waren. | e | |
Anakoluth | Herausfallen aus der Bauart des Satzes: Satzbruch | S | Anakoluth | Es geschieht oft, dass, je freundlicher man ist, nur Undank wird … | e | |
Anapher | anaphora | Wiederholung gleicher Wörter am Anfang | W, S | Anapher | Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll | e, ä |
Anastrophe | Umkehrung der geläufigen syntaktischen Wortstellung | S | Anastrophe | des Glaubens wegen | e, ä | |
Anrede | Hinwendung an den Adressaten | G | Anrede | Meine Damen und Herren… | k | |
Antithese | antithesis | Gegenüberstellung | G | Antithese | Heiß geliebt und kalt getrunken | e, s, ä |
Antonomasie | Umschreibung: Eigenname für Gattungsname | W | Antonomasie | Demosthenes, statt großer Redner | a, ä | |
Aphorismus | kurzgefasste Aussage, die schlagkräftig einen bestimmten Gedanken auf den Punkt bringt | G | Aphorismus | "Ein Aphorismus ist das letzte Glied einer langen Gedankenkette" | ä | |
Aposiopese | Verschweigen des Wichtigen (Ellipse) | G | Aposiopese | Du wirst doch nicht… | s, k | |
Apostrophe | Anruf von visionären Gestalten | G, St | Apostrophe | Alter Freund! Immer getreuer Schlaf, fliehst du mich? | e | |
Archaismus | Veralteter sprachl. Ausdruck | St, G | Archaismus | gülden, statt golden; Wams, statt Jacke | ä | |
Asyndeton | =Un-verbundenheit: Reihung ohne Konjunktion | St, S | Asyndeton | Er kam, sah, siegte. | e | |
Befehl | - | W, S | Befehl | Geh! | e | |
Beispiel | example | - | G | Beispiel | Ein Römer, wie beispielsweise Caesar | a, ä |
Chiasmus | Überkreuzstellung | S | Chiasmus | Der Einsatz war groß, klein war der Gewinn | ä | |
Chiffre | rätselhaftes und nicht zu erfassendes Zeichen | G | Chiffre | Erkanntes Leben | ä | |
Contradictio in adiecto | Widerspruch im Beiwort, d.h. Widerspruch des Prädikats mit dem Subjekt | G | Contradictio in adiecto | blaues Blut | ä | |
Correctio | =Verbesserung: nachträgliches Verbessern seiner eigenen Aussage | S | Correctio | Das ist schlecht, ja miserabel. | e | |
Dialogismus | Selbstrede | Dialogismus | Was, es gibt keine Hoffnung mehr; Was, ihr verzweifelt? Sehet,… | s | ||
Ellipse | ellipsis | =Auslassung: Auslassen eines Satzteils, verkürzte Aussage | S | Ellipse | Je schneller, desto besser; Ende gut, alles gut | e |
Emphase | emphasis | Betonung eines Wortes | G, K | Emphase | Menschen! Menschen! Falsche, heuchlerische Krokodilsbrut! | e |
Enjambement | Satz geht über Versende hinaus (Gedicht) | S | Enjambement | nur im Gedicht | ä | |
Enumeratio | Aufzählung | W | Enumeratio | Gesundheitsämter, Krankenhäuser, Ärzte und … | e | |
Epanalepse | Wiederaufnahme eines Satzteils | S | Epanalepse | Und atmete lang und atmete tief | e | |
Epipher | epiphora | Wiederholung gleicher Wörter am Ende | S | Epipher | Nicht jetzt, sagte er, später, sagte er | e, ä |
Epiphrase | syntaktisch scheinbar beendeter Satz erhält Nachtrag | S | Epiphrase | Mein Retter seid ihr und mein Engel. | e, ä | |
Epitheton ornans | schmückendes Beiwort in formelhafter Bedeutung | W | Epitheton ornans | eulenäugige Athene | a | |
Euphemismus | euphemism | =Schön-Reden: beschönigende Umschreibung eines negativen Sachverhalts | St | Euphemismus | Null-Wachstum, vollschlank | ä |
Exklamatio | =Ausruf: Audruck einer Gemütsbewegung (Ausrufezeichen!) | W, Sb | Exklamatio | Stirb! | e | |
Figura etymologica | Verb verbunden mit stammverwandten Substantiv | W | Figura etymologica | einen Kampf kämpfen | e, ä | |
Geminatio | zweifache Wiederholung | S | Geminatio | Das ist ein Bier, Bier, wie ich es liebe | e | |
Hendiadyon | Verbindung zweier snynonymer Worte | G | Hendiadyoin | Hilfe und Beistand | e | |
Hyperbel | exaggeration | Übertreibung (dt.: vergrößernd oder verkleinernd) | G | Hyperbel | ein Mund wie ein Scheunentor | a, e |
Hypotaxe | Satzgefüge: Unterordnung der Satzglieder | S | Hypotaxe | Da es schon spät war, ging er nach Hause. | ||
Hysteron proteron | Verkehrung der richtigen Reihenfolge | S | Hysteron proteron | ihr Mann ist tot und lässt sie grüßen | e | |
Inversion | Umstellung der Satzteile (> Sinnänderung!) | S | Inversion | In seinen Armen das Kind war tot. | s, ä | |
Ironie | irony | =Verstellung: Das Gegenteil des Gemeinten ist gesagt | G, W | Ironie | Das hat mir gerade noch gefehlt! | s, ä, k |
Katachrese | Vermengung nicht zusammengehörender Begriffe | G | Katachrese | Der Zahn der Zeit wird über diese Wunde Gras wachsen lassen | ä | |
Klimax | (anti)climax | =Leiter: Steigerung Wort für Wort (engl: difference between anticlimax and climax!) | G | Klimax | Er weint, er ist bezwungen, er ist unser! | e |
Litotes | understatement | =Schlichtheit: Verneinung des Gegenteils des Gemeinten, Untertreibung | G | Litotes | nicht gerade neu | s, ä |
Metapher | metaphor | =Übertragung: übertragene Bedeutung eines Wortes | G, St | Metapher | Die Sonne lacht; der Fuß des Berges | a, ä |
Metonymie | =Namens-vertauschung: eingebürgerte Wortersetzung | W, G | Metonymie | Leder, statt Ball; Goethe lesen | a | |
Neologismus | Neuschöpfung eines Wortes | W | Neologismus | Overkill; Instandbesetzer | a | |
Onomatopoesie | Lautmalerei | W | Onomatopoesie | Es knistert und knastert. | e, a, ä | |
Oxymoron | antithesis | Verbindung zwei sich widersprechender Ausdrücke | W | Oxymoron | alter Knabe; bittere Süße | s |
Paradoxon | paradox | scheinbar widersinnige Behauptung, die jedoch richtig ist | S | Paradoxon | Wer viel weiß, sieht ein, wie wenig wir wissen. | s |
Parallelismums | parallelism | klarer Gleichlauf der Satzglieder | S | Parallelismums | Heiß ist die Liebe, kalt ist der Schnee | e |
Parataxe | Satzreihe; Gleichordnung im Satzbau | S | Parataxe | Es war schon spät; deshalb ging er nach Hause. | ||
Parenthese | Einschub | S | Parenthese | Ich möchte ihnen, ich fasse mich kurz, über die… | a | |
Paronomasie | Spiel mit gleichlautenden Wörtern | W, G | Paronomasie | Haide - Heide; Lärche - Lerche | s, ä | |
Periphrase | Umschreibung: Begriff durch Einzelmerkmale | G | Periphrase | "Allmächtiger", statt Gott; "Regierungscheff", statt Bundeskanzler | ä | |
Personifikation | personification | =Person-machung: Vermenschlichung eines Gegenstandes | St, W | Personifikation | Kunst und NWS gehen Hand in Hand | a |
Pleonasmus | Hinzufügen eines Wortes, das schon im Substantiv enthalten ist | W | Pleonasmus | weißer Schimmel; alter Greiß | a | |
Polyptoton | Wiederholung eines Wortes in versch. Konjugationsformen | S, Kl | Polyptoton | Auf um Auge | e | |
Polysemie | Wortspiel, das die Mehrdeutigkeit von Wörtern ausnutzt | W, G | Polysemie | Bist du per Anhalter gekommen? - Du siehst so mitgenommen aus. | u | |
Polysyndeton | =Viel-verbundenheit: Aneinanderreihung mit bewusster Wdh des Bindeworts | S, Kl | Polysyndeton | Und es wallet und siedet und brauset | e | |
Repetitio | Wiederholung | W, S, Kl | Repetitio | Bald da, bald dort | e | |
rhetorische Frage | rhetorical qu. | Scheinfrage, ohne Antwort | G | rhetorische Frage | Wer glaubt denn das noch? | s, k |
Stilbruch | Ausdrucksweisen aus verschiedenen Sprachebenen werden vermischt | St | Stilbruch | Schnell rotzte er ein Gedicht aufs Blatt. | e | |
Symbol | symbol | =Erkennungszeichen: Ein Gegenstand/Geschehen := Sinnbild für etwas anderes | G | Symbol | "Wasser", "Ring" | e, ä |
Synästhesie | =Zusammen-empfindung: Vermischung mehrerer Sinnesgebiete | W, S | Synästhesie | Golden wehn die Töne, süß spricht das Herz | a, ä | |
Synekdoche | =Mitverstehen: Ein Teil steht für das Ganz oder umgekehrt (pars pro toto) | W | Synekdoche | Lenz, statt Jahr; Klinge, statt Schwert | a | |
Synonym | sinnverwandtes Wort | W | Synonym | leuchten für scheinen | ä | |
Synonymie | Aneinanderreihung sinnverwandter Wörter | W | Synonymie | Ich bin entrüstet, empört, erschüttert. | e, s | |
Tautologie | Wiederholung des gesagten mit sinnverwandtem Wort | W, S | Tautologie | nackt und bloß; voll und ganz | e, ä | |
Vergleich | simile | Verknüpfung zweier in einem Punkt übereinstimmender Bereiche (wie!) | St, G | Vergleich | stark wie ein Löwe | a |
Wortspiel | pun | - | W, G | Wortspiel | Jesuiter - Jesuwider | u |
Zeugma | Verbindung von Substantiven/Sätzen durch ein Verb, das nur zu einem passt | S | Zeugma | Er schlug das Fenster und den Weg zum Bahnhof ein | e | |
Zitat | Mit Aussagen anderer werden eigene Thesen unterstützt | S | Zitat | "handfeste Änderungen der Wirtschaftspolitik" | e |